Kai Sachtleber und Olaf Geserick werden jeweils Europameister
Vom 26.07. bis 29.07. fanden in Kazan, Tartarstan, Russland die 2019 Kazan ETU Sprint Triathlon European Championships mit 750 m Schwimmen, 20 km Radfahren und 5 km Laufen statt.
Kazan ist sechst größte Stadt Russlands und liegt etwa 800 km östlich von Moskau an der Mündung des Flusses Kasanka in die Wolga – also gerade noch am Ostrand Europas! Kai und Olaf haben die ca. 3000 km lange Reise in die Großstadt, in der ca. 1,5 Mio. Menschen leben, angetreten, um dort an den Meisterschaften teilzunehmen und waren 6 Tage vor Ort.
Am Freitag Abend fanden der „Marsch der Nationen“ und die offizielle Eröffnungsfeier statt. Hier war besonders schön, dass sich Veranstalter, Vertreter der Sportler, Trainer und technischen Offiziellen dazu verpflichtet haben, dass faire und saubere Wettkämpe ausgetragen werden sollten.
Die Briten waren wie gewohnt wieder mit einer großen Mannschaft am Start, aber bei dieser Veranstaltung stellten die Russen die meisten Teilnehmer. Aus Deutschland waren 15 Teilnehmer nach Russland gereist. In Kazan war in der ganzen Woche bestes Sommerwetter mit ca. 22 – 25 °C, welches die beiden zum Sightseeing und natürlich zum Trainieren genutzt haben.
Das Event-Gelände, d. h. Triathlon-Messe, Wechselzone, sowie Start- und Zielbereich befanden sich unmittelbar unterhalb des Kazaner Kremlin an der Uferpromenade des Flusses Kazanka in dem beim Triathlon auch geschwommen wurde.
Der Kremlin (nicht Kreml) ist ein wunderschöner Museums-Gebäudekomplex bestehend aus einer Festung, u. a. einer Moschee, einer orthodoxen Kathedrale, dem Subjke-Turm und weiteren historischen Gebäuden auf einem Hügel gelegen und von weitem sichtbar.
Das Hotel von Kai und Olaf lag in einem hübsch restaurierten alten Tartarischen Viertel aus Holzhäusern an einem See und wir hatten etwa 3 km Wegstrecke zum Event-Gelände zurück zu legen. Dazu konnte man u. a. auch durch die Baumann-Straße flanieren, eine breite Straße, die als Fußgängerzone eingerichtet war und auf beiden Seiten mit fantastisch renovierten alten Gebäuden gesäumt ist, gehen (oder natürlich mit dem Rad oder Bus eine der parallel verlaufenden Straßen fahren). Hier stand etwa alle 20 m ein Straßenkünstler (Musiker, Jongleure, Maler uvm.), es gab diverse Restaurants, Bars und Cafees und natürlich diverse Geschäfte.
Die Stadt ist insgesamt voller alter, aber großartig renovierter Gebäude, Parks und auch neuer Gebäude mit zum Teil recht kühner moderner Architektur und war tipptopp sauber (so manche deutsche Großstadt könnte sich wohl bezüglich der Sauberkeit eine Scheibe abschneiden). Die Menschen waren unglaublich freundlich und hilfsbereit, egal wo man hinkam – im Bus, im Schwimmbad zum Trainieren, in den verschiedenen Restaurants in denen die beiden waren, – auch wenn die Verständigung manchmal schwierig war, denn einige Personen konnten natürlich nur wenig Englisch (nach Deutsch haben die beiden gar nicht erst gefragt) und Kai und Olaf kein Russisch.
Zum Glück gibt’s das moderne Smartphone mit Übersetzungs-App, sonst hätte es wohl das eine oder andere Mal eine Überraschung im Restaurant gegeben.
Der Veranstalter hatte auch die Möglichkeit eingerichtet, gegen eine (normale) Eintrittsgebühr am Freitag und Samstag in einem Hallenbad mit 50 m Bahn und 10 Bahnen zu schwimmen. Das ganze Bad war dafür für die Teilnehmer des Triathlons gesperrt und es war dort sehr wenig los. Zumindest als die beiden am Freitag dort waren, hatten sie das Bad fast für sich allein – ein Traum für jeden Schwimmer!
Natürlich musste auch Radgefahren werden! In der Stadt war es stadtgemäß sehr voll und damit laut und es gab viel Abgase, obwohl die beiden die typischen Stoßzeiten vermieden haben. Radwege gab es nicht bzw. nur unmittelbar bei den Touristenattraktionen. So musste teilweise auf einspurigen und auch breiteren Straßen mit bis zu 5 Spuren pro Richtung gefahren werden. Allerdings waren die Straßen in sehr gutem Zustand. Die tatarischen Auto-/Bus- und auch LKW-Fahrer waren auch relativ rücksichtsvoll; es ist kaum vorgekommen, dass zu wenig Abstand zur Seite gelassen wurde, es wurde nicht geschnitten oder direkt angehupt- so, wie man es hier zu Hause leider bei fast jeder Radausfahrt erleben muss – so manch ein deutscher Autofahrer weiß wohl auch gar nicht, dass zu einem Radfahrer 1,5 m seitlicher Abstand gelassen werden muss. Je weiter man aus der Stadt kam, desto leerer wurde es – „leider“ ist aber die Stadt recht groß und so war das erst nach ca. 15 – 20 km relativ leer und damit angenehm und stressfrei zu fahren.
An Olafs Rad ist direkt nach dem Zusammenbauen der Schalthebel abgebrochen, so dass er nur vorne auf dem großen Kettenblatt schalten konnte, das heißt er hatte nur zwei Gänge zur Verfügung. Ein Radhändler konnte nicht gefunden werden bzw. wurde Olaf von einem Händler gesagt, dass es kein passendes Ersatzteil in ganz Kazan geben würde. Nach reiflicher Überlegung – es wäre möglich gewesen ein qualitativ hochwertiges Rennrad zu leihen – entschied sich Olaf, es darauf ankommen zu lassen, da die Wettkampftrecke recht flach war (ca. 100 HM auf den 20 km).
Am Samstag dann fanden die Rennen der Elite statt und für die Altersklassen Sportler musste das Rad in der Wechselzone eingecheckt werden. Das offizielle Abschwimmen der Schwimmstrecke am Abend ist aber wegen Gewitters ausgefallen, aber Kai und Olaf hätten das aufgrund der späten Uhrzeit sowieso nicht mitmachen wollen.
Nach dem Gewitter wurde das Wetter schlechter und am Sonntag morgen war nur noch 16 °C Lufttemperatur, Wind und ein paar Tropfen vielen auch noch vom Himmel. Durch den recht starken Wind war der Fluss Kazanka recht wellig und bei 22,8 °C Wassertemperatur wurde ohne Neoprenanzug geschwommen – beides begünstigte stärkere Schwimmer.
Die Wechselzone, in der noch Schuhe usw. abgestellt werden musste, musste bis 7:40 Uhr von allen Athleten geräumt sein und 5 Minuten später mussten sich alle im Vorstart Bereich einfinden und Bereits in den jeweiligen Startgruppen aufstellen. Alle Startgruppen wurden dann mit wenigen Minuten Abstand gestartet, Beginn war um 8 Uhr.
Kais Startgruppe (Frauen 40 – 54 Jahre– also drei Altersklassen) startete um 8:10 Uhr und so waren bereits mindestens die Hälfte der Sportler aus anderen Altersklassen unterwegs. Gestartet wurde als Wasserstart von einem Ponton. Es musste um zwei Bojen herumgeschwommen und dann zum Ziel zurückgeschwommen werden, die Schwimmstrecke ähnelte damit einem umgedrehten U. Dabei musste auch noch ein Fleckchen Schilf um Wasser im Auge gehalten werden.
Kai fiel noch vor dem Start auf, dass offenbar viele Schwimmer durch den Wind den Kurs nicht halten konnten und zu weit seitlich nach links geschwommen sind. Nach dem Wettkampf beklagten auch viele das Schwimmen und sagten, sie wären bis zu 200 m zu viel geschwommen; Kais GPS zeigte aber nach dem Wettkampf 756 m an – die Strecke war damit wohl nicht zu lang.
Kai konnte sich bereits mit dem Start von den anderen Starterinnen der Startgruppe abgesetzen und sich auch nicht wieder einholen lassen. Noch bereits vor der ersten Boje musste sie die ersten Schwimmer aus anderen Startgruppen überholen und das hat sich bis zum Schwimmausstieg so fortgesetzt.
Olaf ist um 8:14 Uhr gestartet mit allen Männern von 50 – 59 (also zwei Altersklassen zusammen) und ihm ging es ähnlich. Er hatte lediglich einen Ungarn aus derselben Startgruppe neben sich, war aber wie Kai erster aus dem Wasser.
Nach dem Schwimmausstieg musste die Uferpromenade gequert, einen Hügel erst hoch- und wieder runter gelaufen werden, um in die Wechselzone zu gelangen.
Kai und Olaf gingen beide als erste ihrer Startgruppe auf das Rad. Da das Rennen mit Windschafften-Freigabe war, wurde mit normalen Rennrädern gefahren und es war eine Radrunde zu absolvieren: Aus der Wechselzone neben dem Kremlin hinaus und über den Fluss Kazanka hinweg, dort erst einmal geradeaus bis zu einem Wendepunkt, dann am anderen Ufer des Flusses bis zur Kasan-Arena (einem großen Fußballstadion) und darum herum, zurück auf die andere Flussseite über die „Millenium Brigde“ und dann zurück in Richtung Kremlin. Alle Straßen waren in einwandfreiem Zustand, meist neu asphaltiert und Schlaglochfrei, wie die beiden schon während der Trainingsausfahrten festgestellt hatten.
Kai war allein unterwegs, keine andere Frau annähernd in Sicht und musste die ersten ca. 7 km wie gewohnt als Einzelzeitfahren absolvieren, bis sie endlich auf eine andere Frau aus Russland aus einer anderen Altersklasse auffuhr. Die beiden sind dann ca. 2 km zu zwei weitergefahren und haben sich abgewechselt, wurden dann aber von einer kleinen Gruppe Männer überholt. Die Russin hängte sich dort hinten rein, aber Kai ließ kurz danach abreißen, denn Frauen dürfen nicht mit Männern Windschatten fahren und es sollte ja regelkonform gesportet und auch eine Zeitstrafe vermieden werden. Also fuhr sie auch den Rest des Radparts musste allein, ganz wie von anderen Rennen gewohnt. Die jüngere Russin konnte Kai im späteren Verlauf der Radstrecke dann auch noch wieder einholen, da diese von einem Unfall durch einen Fahrfehler von einem der Männer beeinträchtigt wurde.
Nach ca. 10 km wurde Kai von Olaf überholt, der zusammen mit einem weiteren Deutschen (Michael Bock) und dem Ungarn, mit dem er auch geschwommen war, über die Straße preschte – trotz der nur zur Verfügung stehenden zwei Gänge. Die drei sind die Radrunde zusammen bis zur Wechselzone weitergefahren. Kurz vor der Wechselzone hat Olaf Michael Bock vorbeigelassen – ihn aber während des Wechsel gleich wieder „einkassiert“.
Olaf ist dann als erster Seiter Altersklasse auf die Laufstrecke gestartet und die 2,5 km auf der Uferpromenade erst hin und dann wieder zurückgelaufen und hat dabei Michael und den Ungarn abgehängt. (Es stellte sich später auch heraus, dass der Ungar in der Altersklasse 55 – 59 Jahre war). Der Franzose Fabrice Boisson (ein alter Bekannter) hat während des Laufens ein kleines Stück aufgeholt und den späteren Dritten Michael Bock auch noch überholt, konnte Olaf aber nicht mehr gefährlich werden, so dass Olaf nach 1:04:47 Europameister über die Sprintdistanz in der AK M50 – 54 war!
(Unverschämt, schon der dritte Titel dieses Jahr)
Kai ist kurz nach Olaf als erste Ihrer Startgruppe und damit auch Altersklasse vom Rad auf die Laufstrecke gewechselt. Nachdem der Hügel zur Uferpromenade genommen war, war das Ziel eigentlich schon in Sicht, nur leider musste erst noch die Wendepunkt-Strecke gelaufen werden und Kai hatte beim Laufen sehr zu kämpfen und die ganze Zeit „Schnappatmung“ (es hat sich im Laufe des Tages herausgestellt, dass sie sich eine deftige Erkältung eingefangen hatte und die hat sich beim Laufen schon bemerkbar gemacht). Kai wurde trotzdem nur von jüngeren Damen überholt, hatte die zweitschnellste Laufzeit ihrer Altersklasse und konnte mit einem komfortablen Vorsprung vom mehr als 3 Minuten nach 1:14:11 ins Ziel laufen – ebenfalls als Europameisterin und mit Start-Ziel-Sieg!! Zweite und Dritte der Altersklasse (F45 – 49) kamen beide aus Großbritannien.